Etwa 11% der Deutschen sind privat krankenversichert und glauben meist, einen besseren und umfangreicheren finanziellen Gesundheitsschutz zu genießen als gesetzlich Krankenversicherte. Eine Annahme, die durchaus gerechtfertigt erscheint, denn um sich privat krankenversichern zu dürfen, muss man spezielle Voraussetzungen erfüllen, etwa ein hohes Einkommen oder eine Anstellung als Beamter im öffentlichen Dienst. Wer privat versichert ist, bekommt schneller einen Termin in der Arztpraxis, wird vom Arzt freundlicher behandelt und muss bei Medikamenten nicht selbst zuzahlen, so die langläufige Meinung in der deutschen Bevölkerung, die sicherlich auch in gewissem Maße berechtigt ist.
Doch schaut man etwas genauer hin, so erweist sich der tatsächliche Versicherungsschutz bei einem großen Teil der privaten Krankenversicherungen als lückenhaft, so berichtet heute Spiegel Online unter Berufung auf eine Studie von Dr. Thomas Drabinski, dem Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomik an der Universität Kiel. Vier von fünf privaten Krankenversicherungen leisten nach dieser Studie weniger als die gesetzliche Krankenversicherung. Besonders bei sogenannten Anschlussheilbehandlungen, also bei Behandlungen, die im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt durchgeführt werden – etwa nach einer Operation oder einer Bestrahlungsbehandlung, bestünden starke Defizite im Leistungsumfang der privaten Versicherer. Ebenso bei Psychotherapien, medizinischen Hilfsmitteln und häuslicher Krankenpflege.
Das Problem, das zu dieser Unterversorgung führt, ist dem System der PKV inhärent. Die privaten Versicherer bekommen, anders als die gesetzlichen Kassen, keine staatlichen Hilfen und müssen daher alles daran setzen, Kunden zu gewinnen und gleichzeitig die Kosten, die diese Kunden für das Unternehmen verursachen, gering zu halten. Man wirbt daher vor allem mit Leistungen, auf die Kunden und Vergleichsportale ein besonderes Augenmerk legen und vernachlässigt solche Bereiche, die zunächst weniger im Fokus potentieller Kunden stehen. Wer im Preisvergleich eine möglichst günstigste private Krankenversicherung wählt, muss daher mit drastischen Leistungsausschlüssen rechnen.
Auch den Versicherern selbst ist dieses Problem durchaus bewusst. Um auf dem umkämpften Markt wettbewerbsfähig zu bleiben, sind sie jedoch gewissermaßen gezwungen, die beschriebenen Billigprodukte anzubieten. Daher wird immer stärker auch aus der Branche selbst die Forderung nach Mindeststandards für Qualität und Leistungen der Versicherungen laut.