Seit dem Jahr 1999 wurde die bis dahin gültige sogenannte Konkursverordnung durch das bis heute vorhandene Insolvenzrecht abgelöst. Dieses bildet nicht nur die Grundlage für Insolvenzen von Gewerbetreibenden, sondern ermöglich es auch Privatpersonen, eine sogenannte Privatinsolvenz anzumelden. Deren Dauer beträgt derzeit 6 Jahre und ermöglicht es privaten Schuldnern, unter bestimmten Voraussetzungen nach dieser Zeit praktisch wieder schuldenfrei zu sein. Auch angesichts der Tatsache, dass derzeit sogar eine Absenkung der Dauer einer privaten Insolvenz im Gespräch ist, erscheint diese nicht wenigen Schuldnern sogar relativ „attraktiv“ zur Lösung ihrer finanziellen Probleme.
Dennoch gibt es Situationen, in denen eine Privatinsolvenz vermieden werden sollte und auch kann. Denn wer sich einmal zu einem solchen Schritt entscheidet, sollte sich im Klaren darüber sein, dass die Privatinsolvenz beispielsweise eine komplette Offenlegung der persönlichen Situation voraussetzt. Vielen Menschen ist das sicher unangenehmer als zunächst angenommen. Auch kann man davon ausgehen, dass ehemalige Gläubiger von Schuldnern nach erfolgter Insolvenz vermutlich keine Geschäfte mehr mit diesen tätigen werden. Auch das gilt es zu bedenken. Zuletzt sind es die aktuell immer noch geltenden 6 Jahre Zeit, die eine Privatinsolvenz sicher gut überlegt sein lassen sollten. In dieser Zeit muss der Schuldner oftmals mit erheblichen finanziellen Einschränkungen rechnen. Allein aus diesen Gründen sollte man als Betroffener durchaus zunächst versuchen, eine Privatinsolvenz zu vermeiden.
Inhaltsangabe
Schritt für Schritt zum Ziel
Egal, ob sich ein Schuldner letztlich für oder gegen eine Privatinsolvenz entscheidet. Wichtig ist, dass sich der Betroffene Schritt für Schritt an seinem Ziel wieder schuldenfrei zu sein annähert. Denn beide Wege, der mit und auch der ohne Insolvenz, erfordern in ihrem Vorgehen mehrere „Etappen“. Doch eines haben beide Wege gemeinsam. In aller Regel wird sich der Schuldner finanziell einschränken müssen, um sein Ziel erreichen zu können. Diejenigen, die meinen, dass die Privatinsolvenz eine schnelle und einfache Lösung aller finanziellen Probleme ist, werden in der Regel enttäuscht. Und genau darin, dass eben auch der Weg einer Insolvenz beschwerlich ist, liegt wiederum der Anreiz für viele Betroffene, die ihre Schuldenfreiheit ohne die Insolvenz erreichen möchten – praktisch aus eigener Kraft. Um das zu schaffen und letztlich eine Privatinsolvenz zu vermeiden, sollten zunächst folgende Punkte geprüft werden:
1. Alle Einnahmen und Ausgaben genau prüfen
Immer wieder fällt auf, dass es Schuldner oft schwer haben, ihre Einnahmen und Ausgaben sorgfältig zu verwalten. Sicher geraten viele Betroffene erst dadurch in finanzielle Schwierigkeiten. Die Gründe für diese Situation können vielfältig sein. Doch wer einmal in finanzieller Not ist, muss erst recht überdenken, wie Einnahmen zu steigern und Ausgaben zu mindern sind. Vor allem Letzteres – die Prüfung aller Ausgaben – ist ein wichtiger Punkt, der häufig darüber entscheidet, ob eine Insolvenz überhaupt abzuwenden ist. Zunächst ist es sinnvoll festzulegen, welche der anfallenden Ausgaben überhaupt nötig sind. Gegebenenfalls können einige dieser Belastungen zukünftig gemindert oder gar vermieden werden. Ist ein Überblick vorhanden, kann eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung erstellt werden. Diese zeigt, ob alle Einnahmen die regelmäßigen Ausgaben überhaupt decken können. Dies schafft einen wichtigen Überblick über die finanzielle Lage des Betroffenen und ermöglicht es ihm, Geld zukünftig möglichst bewusst auszugeben. In diesem Zusammenhang sollten Schuldner ihre finanzielle Lebensführung sehr kritisch betrachten. Klassische Punkte diesbezüglich sind beispielsweise Alkohol- und Tabakkonsum. Selbst im überschaubaren Ausmaß können diese dauerhaft betrachtet durchaus sehr teuer sein und bergen deshalb wertvolle Einsparpotenziale. Diese sollen jedoch nur exemplarisch genannt werden. Auch andere Ausgabenfaktoren wie zum Beispiel kostspielige Hobbys oder nicht benötigte Fahrzeuge sind Belastungen, die es in einer solchen Situation dringend zu vermeiden gilt. Ist der Schuldner nicht in der Lage, seine bisherigen Gewohnheiten wie beispielsweise den Tabakkonsum einzuschränken bzw. einzustellen, sollte eine Suchtherapie in Erwägung gezogen werden.
2. Keine weiteren Kredite!
Eine sogenannte „Schuldenfalle“ entsteht für viele Betroffene häufig erst durch die Möglichkeit, Kredite aufnehmen zu können. Heutzutage ist dies ja praktisch „an jeder Ecke“ möglich. Naturgemäß verschieben Darlehen aktuelle Zahlungsverpflichtungen jedoch nur auf spätere Zeitpunkte, was das „Problem“ etwas bezahlen zu müssen, für Betroffene nicht löst – im Gegenteil. Anfallende Zinsen sorgen dafür, dass diese Belastungen später insgesamt gesehen sogar größer werden. Das verschärft die finanzielle Situation für den Zahlungspflichtigen zusätzlich, wenn dieser ohnehin bereits Schwierigkeiten hat, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Weitere Kredite sollten deshalb nicht mehr aufgenommen werden.
3. Bestehende Darlehen gegebenenfalls umschulden
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, bestehende Darlehen umzuschulden. Darunter wird die Zusammenfassung mehrerer bestehender Kredite zu einem einzelnen Darlehen verstanden. Zu empfehlen ist dies dann, wenn sich dadurch die regelmäßige finanzielle Belastung effektiv senken lässt und der Schuldner so wieder in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Durch die Möglichkeit einer Laufzeitstreckung ist im Rahmen einer Umschuldung häufig die Reduzierung der Kreditraten und somit die Senkung der regelmäßigen finanziellen Belastung möglich. Vor allem in Fällen, in denen die Einnahmen- und Ausgabenrechnung nach getätigter Umschuldung wieder positiv zu bewerten ist, macht solch ein Schritt durchaus Sinn und ist dringend zu empfehlen. Ein positiver Nebeneffekt kann dann entstehen, wenn zum Zeitpunkt der Umschuldung eine günstige Zinssituation herrscht. Sind die Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt vergleichsweise niedrig, kann eine Umschuldung für den Schuldner sogar eine effektive Kostenersparung bedeuten. Deshalb gilt es, diesen Schritt unbedingt zu prüfen.
4. Außergerichtliche Einigung
Die sogenannte außergerichtliche Einigung ist eigentlich auch ein Bestandteil der Privatinsolvenz. Trotzdem können Schuldner natürlich auch ohne Insolvenz versuchen, sich mit ihren Gläubigern über eine Rückzahlung der Forderung zu einigen. Hin und wieder funktioniert das. Denn ist der Schuldner bereit, offen und ehrlich mit seiner finanziellen Situation umzugehen, kann es durchaus sein, dass Gläubiger auf sogenannte Vergleichsangebote eingehen. Dabei handelt es sich um den Erlass der gesamten Schulden gegen Zahlung eines vereinbarten prozentualen Anteils davon. Sicher kann diese Verfahrensweise nicht pauschal angewandt werden und fordert – wie eine Privatinsolvenz auch – eine Offenlegung der finanziellen Verhältnisse. Doch der große Unterschied des Vergleichs gegenüber einer Privatinsolvenz besteht für den Schuldner darin, dass er sich eine „Wartezeit“ von 6 Jahren erspart, bis er endlich wieder schuldenfrei ist. Andererseits wird für einen Vergleich jedoch immer auch nochmals freies Kapital benötigt. Verfügt ein Schuldner über keinerlei freie Mittel und kann sich zudem kein weiteres Geld leihen, ist ein Vergleich also ausgeschlossen. Dennoch ist der Vergleich ein effektives Mittel zur Vermeidung einer Privatinsolvenz.
Gut geschriebener Artikel. Ein weiterer Vorteil der Vergleichslösung ist, dass der Schuldner schneller wieder eine saubere Schufa bekommt. Die Restschuldbefreiung bleibt dagegen noch drei Jahre eingetragen.