Die Konditionen für Kredite bei den großen deutschen Kreditinstituten sind momentan für Kreditnehmer relativ günstig. Gleichzeitig sind jedoch auch viele Banken vorsichtiger geworden bei der Auswahl, wem sie einen Kredit gewähren und wem nicht. Wer etwa kein gesichertes regelmäßiges Einkommen hat oder bereits durch eine schlechte Zahlungsmoral aufgefallen ist, bekommt meist keinen Kredit – zumindest nicht auf dem „herkömmlichen Wege“. Für diese Fällen hat sich in den letzten Jahren eine neue Möglichkeit aufgetan, die sogenannten „Peer-to-Peer-Kredite“. Bei dieser Form des Kredites leiht sich eine Privatperson Geld von einer anderen Privatperson oder einer ganzen Personengruppe. Kreditgeber und -nehmer werden hierbei durch spezielle Vermittlerwebseiten zusammengebracht, die sich auf die Vermittlung solcher Peer-to-Peer-Kredite spezialisert haben. Wir möchten in diesem Artikel die Funktionsweise und die Vor- und Nachteile solcher Privatkredite sowohl aus Sicht des Kreditnehmers, als auch aus Sicht des Kreditgebers kurz beleuchten.
Peer-to-Peer-Kredite aus Sicht des Kreditnehmers
Für Kreditnehmer bieten die Privatkredit-Portale oft die Möglichkeit, nach Ablehnung durch deren Bank dennoch einen Kredit zu erhalten. Geld leihen kann sich dort in der Regel jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist und seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Ausnahmen sind hier allerdings Personen, die sich in einem laufenden Insolvenzverfahren befinden, eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben oder gegen die ein Haftbefehl vorliegt. An diese Personen können und dürfen auch die Vermittlerportale keine Kredite vergeben. Ansonsten kann prinzipiell jeder ein Kreditgesuch aufgeben. Hierfür legt der Kreditnehmer selbst Höhe, Laufzeit und Zinssatz des Projektes fest. Außerdem sollte er möglichst genau beschreiben, wofür er das Geld benötigt, welche Sicherheiten er anzubieten hat und wie seine momentane Einkommenssituation aussieht. Von diesen Kriterien werden nämlich potenzielle Investoren abhängig machen, ob sie in das „Kreditprojekt“ des Kreditnehmers investieren möchten oder nicht.
Auch das Schufa-Rating und andere Bonitätsindikatoren spielen bei der Peer-to-Peer-Kredit Vermittlung eine Rolle, jedoch sind sie – anders als bei konventionellen Kreditinstituten – kein Ausschlusskriterium. Oftmals finden sich auch bei negativem Rating Investoren, wenn der Kreditnehmer sinnvoll darlegen kann, wofür er das Geld benötigt und wie er es zurückzahlen wird. Der Unterschied zur klassischen Kreditvergabe der Banken besteht also vor allem darin, dass die Privatkreditvergabe viel persönlicher abläuft. Es zählen nicht nur harte Zahlen und Fakten, sondern auch persönliche Sympathie und Vertrauen. Um so wichtiger ist es daher für den Kreditnehmer, sein Anliegen klar und strukturiert in sinnvoller Weise zu schildern. Auch Fotos erhöhen die Vermittlungschancen erheblich, denn meist sind Investoren eher gewillt dem Kreditnehmer zu vertrauen, wenn sie sich auf diese Weise ein besseres Bild von ihm machen können.
Der Zinssatz wird zwar wie bereits erwähnt vom Kreditnehmer festgelegt, allerdings gilt im Endeffekt auch hier: Je weniger Sicherheiten man zu bieten hat, desto höher der Zinssatz. Denn wer keine Sicherheiten und bereits viele Zahlungsausfälle vorzuweisen hat, wird einen hohen Zinssatz bieten müssen, um überhaupt Investoren zu finden, die letztlich das Geld zur Verfügung stellen. Zinssätze von über 10% sind daher bei Peer-to-Peer-Krediten eher die Regel als die Ausnahme. Ähnlich wie beim Dispokredit sollte man als Kreditnehmer daher genau überlegen, ob sich der Kredit zu diesen Konditionen überhaupt lohnt und ob man wirklich in der Lage sein wird, die Belastung durch den hohen Zinssatz zu stemmen.
Im Internet gibt es inzwischen zahlreiche Seiten, die sich gezielt mit dem Thema Privatkredite auseinandersetzen und Tipps geben, wie man die Vermittlungschancen erhöhen kann.
Peer-to-Peer-Kredite aus Sicht des Anlegers
Als Anleger profitiert man hingegen von den hohen Zinssätzen. Bereits ab relativ kleinen Beträgen von meist etwa 50 Euro ermöglichen es die meisten Vermittlerportale solventen Interessenten, in Kreditprojekte anderer Portalnutzer zu investieren. Man muss also als Anleger nicht den gesamten Betrag eines Kreditgesuches zur Verfügung stellen, sondern kann sich auch lediglich anteilig beteiligen. Wichtig ist es dabei als Anleger, einen gewissen Riecher zu entwickeln, welcher Kreditnehmer vertrauenswürdig und welches Kreditprojekt unterstützenswert ist. Die angegebenen Verwendungszwecke der Kreditnehmer sind äußerst verschieden und reichen von der Finanzierung des Führerscheins über Unternehmensgründungen bis hin zu von der Krankenkasse nicht übernommenen Gesundheitsleistungen. Man sollte sich dabei als Anleger allerdings immer vor Augen halten, dass ein großer Teil der Kreditnehmer bereits von verschiedenen Banken als nicht kreditwürdig eingestuft wurde und entsprechend das durchschnittliche Ausfallrisiko recht hoch ist. Investitionen in diesem Bereich sind also grundsätzlich als sehr spekulativ einzustufen. Sind die Angaben des Kreditnehmers zu vage oder widersprüchlich, sollte man im Zweifelsfall nachfragen, bevor man eine Entscheidung trifft. Oft ist dem Kreditnehmer einfach nicht bewusst, welche Informationen für potentielle Anleger von Bedeutung sind, liefern diese auf Nachfrage aber gerne nach. Kann man auch auf Nachfrage nicht nachvollziehen, wofür das Geld genau benötigt wird oder wie der Kreditnehmer für die Raten aufkommen möchte, sollte man von einer Investition in dieses Projekt absehen.
Die Gebühren nicht vergessen
Auch das jeweilige Vermittlerportal möchte bei der ganzen Sache natürlich noch etwas verdienen. Daher werden üblicherweise von beiden Parteien Gebühren verlangt. Diese liegen bei den großen deutschen Portalen in der Größenordnung von zwei bis drei Prozent des Gesamtkreditbetrages für Kreditnehmer und einem Prozent des investierten Betrages für Anleger. Bei einem Kreditbetrag von 5.000 Euro sind das für den Kreditnehmer immerhin zusätzliche 100 bis 125 Euro, die in der Kalkulation berücksichtigt werden müssen.