Nachdem auch die letzten Verhandlungen mit potentiellen Käufern für den insolventen Versandhändler Neckermann in der vergangen Woche gescheitert waren, sind die gut 1600 ehemaligen Mitarbeiter des Konzerns seit 1. Oktober offiziell arbeitslos. Das 1950 von Josef Neckermann gegründete Versandhandelsunternehmen galt nicht nur als einer der Träger des deutsche Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch als Sinnbild des deutschen Katalog-Versandhandels. Über viele Jahre hinweg war Neckermann mit seinen Katalogen eines der führenden Versandhandelsunternehmen Europas. Während der erste Katalog im März 1950 noch in einer Auflage von 100.000 gedruckt wurde und 133 Artikel enthielt, versendete Neckermann bald Millionen von Katalogen und bot ein Sortiment von mehreren Tausend Artikeln an.
„Großer Umsatz, kleiner Gewinn“, so lautete von Beginn an das von Josef Neckermann ausgerufene Motto des Unternehmens. Und so versuchte Neckermann stets mit gnadenloser Billigpreis-Politik seine Konkurrenz auszustechen. Doch während man sich zunächst hauptsächlich gegen andere Katalogversender behaupten musste, wuchs ab Mitte der 90er-Jahre die Online-Konkurrenz massiv an. Zwar versuchte auch Neckermann bereits ab 1995, sich ebenfalls im Internetgeschäft zu etablieren, hielt jedoch zu lange parallel dazu am Kataloggeschäft fest. Das bedeutete für Neckermann nicht nur, dass man weiterhin jährlich viele Millionen Euro für das Drucken und Ausliefern der Kataloge ausgeben musste, sondern nahm dem Unternehmen auch die preisliche Flexibilität. Da die Kataloge nur halbjährlich erschienen, musste man auch die Preise für ein halbes Jahr im Voraus festlegen. Und das, obwohl zum Sortiment beispielsweise auch Elektrogeräte gehörten, die für gewöhnlich starken Preisschwankungen unterliegen.
Erst im April 2012 zog Neckermann die Notbremse und entschied sich, das zu dieser Zeit längst nicht mehr profitable Kataloggeschäft aufzugeben und sich zukünftig voll auf das Internetangebot zu konzentrieren. Mehr als 1000 Mitarbeiter mussten das Unternehmen verlassen. Die deutlichen Anzeichen, dass sich das zukünftige Versandgeschäft weit überwiegend auf das Internet beschränken wird, hätte man bereits viel früher erkennen müssen. Spätestens mit der Pleite des Quelle-Konzerns im Jahr 2009, der ebenfalls zu spät den Strategiewechsel in Richtung E-Commerce vollzogen hatte. Während der Internethandel weiterhin Wachstumsraten von jährlich mehr als zehn Prozent verzeichnet, nimmt der Anteil der per Katalog bestellten Waren bereits seit einigen Jahren massiv ab.
Im stark umkämpften Onlinemarkt hatten sich derweil jedoch längst Branchengrößen wie Amazon und Ebay etabliert, die von Anfang an rein auf das Internetgeschäft setzten und dementsprechend technisch wie auch strategisch bereits sehr gut positioniert waren. Neckermann hatte es nicht leicht, seinen Rückstand aufzuholen und scheiterte letztlich daran.
Branchenexperten gehen davon aus, dass es zwar auch in Zukunft noch Kataloge geben wird, diese jedoch eher in Richtung Kundenmagazine gehen werden. Auch digitale Kataloge, etwa für das iPad, könnten die Onlineangebote der Versandhändler künftig ergänzen.