Seit EZB-Chef Mario Draghi den unlimitierten Kauf von Staatsanleihen schwächelnder Euro-Länder ankündigte, ist das Thema Anleihen auch in vielen deutschen Haushalten zum Thema geworden. Wir möchten daher erklären, wie Anleihen funktionieren und für wen sie als Anlagemöglichkeit in Betracht kommen.
Gerade aufgrund des aktuell sehr niedrigen Zinsniveaus an den Geld- und Kapitalmärkten können Anleihen auch für Privatanleger eine attraktive Anlagemöglichkeit darstellen. Besonders Anleger, für die Fondsanlagen als Alternative zu klassischen Zinsprodukten nicht infrage kommen, müssen derzeit bei der Geldanlage in Punkto Ertrag definitiv Abstriche machen. Dabei ist das Tagesgeldkonto derzeit häufig die am schlechtesten verzinste Anlagevariante. Soll das Kapital nicht unbedingt verfügbar bleiben, empfieht es sich auf mittel- bis langfristige Anlagemöglichkeiten ausweichen. Denn über den zugrunde gelegten Anlagezeitraum lassen sich die Erträge etwas erhöhen. Das kann beispielsweise mittels Anleihen erfolgen.
Inhaltsangabe
Was sind Anleihen?
Banken, Länder und Unternehmen beschaffen sich regelmäßig Kapital über die Börse. Dazu legen sie Anleihen auf, die Interessenten während einer Emissionsphase zeichnen können. Die Emissionsphase ist praktisch eine Art „Bestellfrist“, innerhalb der ein solches Wertpapier zu fest vereinbarten Konditionen erworben werden kann. Erst nach der Emissionsphase beginnt der eigentliche Anlage- und Verzinsungszeitraum. Je nach Bedingungen umfasst dieser häufig 1 bis 10 Jahre. Doch auch noch längere Zeiträume sind denkbar.
Die meisten Anleihen werden jährlich mit einem festen Kupon verzinst – zum mit Beispiel 3%. Diesen Ertrag erhält der Anleger ausgeschüttet. Auch diesbezüglich kann es unterschiedliche Festlegungen geben. So sind einmal jährlich stattfindende Zahlungen genauso denkbar wie halbjährliche Ausschüttungen.
Typisches Merkmal klassischer Anleihen ist die Auszahlung des Zinsertrages. Die Möglichkeit, den Ertrag innerhalb der Kapitalanlage zu belassen und somit einen Zinseszinseffekt zu erzielen, besteht bei Anleihen grundsätzlich nicht.
Die möglichen Risiken einer Kapitalanlage in Anleihen
Im Gegensatz zur Aktieninvestition gilt die Kapitalanlage in Anleihen grundsätzlich als eher konservativ. Vor allem aufgrund der im Regelfall deutlich besseren Kalkulierbarkeit der Geldanlage. Dennoch existieren Risiken, denen sich Anleger immer bewusst sein sollten – vor allem das Bonitätsrisiko. Im Rahmen eines Anleihekaufs verleihen Anleger ihr Geld an ein betreffendes Kreditinstitut, Land oder Unternehmen. Grundsätzlich ist die Bonität desselben entscheidend, denn davon hängen letztlich einerseits die Rückzahlung des angelegten Kapitals und andererseits die Zinszahlung ab.
Gerät der Emittent während der Laufzeit der Anleihe in finanzielle Probleme, kommt es häufig zu Zahlungsstörungen. Die Folge können verzögerte Auszahlungen von Zins und Kapital sein. Im Falle einer Insolvenz des Emittenten ist sogar der Totalverlust des investierten Kapitals möglich.
Im Prinzip gilt bei Anleihen wie auch bei vielen anderen Anlageformen, dass der Anleger stets einen Trade-off zwischen Sicherheit und Ertragshöhe eingeht. Je größer die potentiellen Käufer einer Anleihe deren Ausfallrisiko einschätzen, desto mehr Zinsen muss der Emittent auszahlen, um dennoch Käufer zu finden. Einige EU-Krisenstaaten gelten dabei derzeit als so bonitätsschwach, dass sie neue Staatsanleihen unter normalen Bedingungen nur an den Mann bekommen würden, wenn Sie Zinssätze in enormen Höhen gewähren würden. Hier setzt Mario Draghis derzeitige EZB-Politik an, die diese Länder unter bestimmten Auflagen mit Anleihenkäufen unterstützt.
Für den Privatanleger mit nicht-spekulativen Absichten sind dagegen eher risikoarme deutsche oder französische Staatsanleihen oder auch Unternehmensanleihen stabiler Konzerne interessant, beispielsweise Anleihen des niederländisch-britischen Verbrauchsgüterhersteller Unilever werden hier derzeit oft empfohlen.
Auch Anleihen besitzen einen Börsenkurs, woraus ein Kursrisiko resultiert. Der Kurs einer Anleihe ist immer dann wichtig, wenn diese während ihrer Laufzeit gekauft oder verkauft wird. Denn innerhalb dieser Zeit erfolgt die Transaktion grundsätzlich über die Börse. Zum Ablaufzeitpunkt einer Anleihe hat der Anleger hingegen im Regelfall eine Kapitalgarantie in Höhe von 100% des Anlagebetrages.
Der während der Anlagelaufzeit relevante Kurs des Papiers bildet sich jedoch durch Angebot und Nachfrage der Börsenteilnehmer. Im Ausnahmefall nehmen Emittenten ihre ausgegebenen Anleihen auch während der Laufzeit zurück – zum Beispiel einige Landesbanken. Doch auch in diesen Fällen wird sich der vom Emittenten angebotene Kurs an dem der Märkte orientieren. Das aus diesem Umstand für den Anleger resultierende Risiko besteht darin, dass er Verluste erleiden kann, wenn er während der Laufzeit seine Anleihe bzw. Teilbeträge aus dieser Anlage veräußert. Denn steigen die Zinsen während der Laufzeit eines solchen Papiers, sinkt dessen Kurs. Denn durch steigende Zinsen werden bereits aufgelegte Anleihen mit Festzins weniger attraktiv. Nicht selten stehen Anleihen in dieser Marktsituation beispielsweise auf 90% oder 95% ihres Wertes.
Die Schwankungsstärke einer Anleihe hängt wiederum von der noch verbleibenden Restlaufzeit ab. Je länger diese noch ist, desto schwankungsintensiver der Kurs. Anders herum betrachtet besteht natürlich auch das Potenzial eines höheren Anleihekurses. In diesem Fall würde eine vorzeitige Veräußerung Gewinne bedeuten.
Ein weiteres Risiko ist das Zinsänderungsrisiko. Wer in eine Anleihe investiert und somit von einem Festzins profitiert, ist zeitlich gebunden. Während dieser Laufzeit sind Verfügungen nur über die Börse möglich – mit dem beschriebenen Kursrisiko. Hinzu kommt, dass sich der Zinssatz der Anleihe grundsätzlich nicht dem Marktniveau anpasst. Daraus ergibt sich das Risiko, zu einem Festzins gebunden zu sein, obwohl alternativ eventuell bereits wieder besser verzinste Anlagemöglichkeiten existieren. In dieser Situation geht dem Anleger gegebenenfalls Ertrag „verloren“ – auf eine mögliche Alternativanlage betrachtet.
Was passiert mit den Zinsen, wenn Anleihen unterjährig gekauft bzw. verkauft werden?
Veräußert ein Anleger seine Anleihe während der Laufzeit, geschieht dies meist zwischen zwei Zinszahlungsterminen. Dadurch, dass Zinsen immer rückwirkend ausgeschüttet werden, würden der Verkäufer praktisch Zinsen einbüßen. Damit das nicht passiert, existieren sogenannte Stückzinsen. Diese werden der Gegenseite der Transaktion – also dem Käufer der Anleihe – belastet und dem Verkäufer ausgezahlt. Zum Zeitpunkt der ersten Zinszahlung an den neuen Eigentümer des Papiers wird der komplette Zinsbetrag der vergangenen Verzinsungsperiode ausgezahlt. Dadurch werden die vom Käufer der Anleihe gezahlten Stückzinsen praktisch wieder ausgeglichen.
Fazit
Anleihen stellen durchaus eine Möglichkeit dar, derzeit immer noch halbwegs attraktiv anzulegen – sofern für den Anleger mittel- bis langfristige Anlagezeiträume akzeptabel sind. Allerdings können sie nicht pauschal als absolut konservativ betrachtet werden. Zu groß sind die Risiken, die mit der Anlage in Anleihen verbunden sein können. Im Wesentlichen hängt es von der Bonität des Emittenten eines solchen Papiers ab, als wie sicher dasselbe gelten kann. Dabei gilt: Je höher die Bonität des Emittenten desto niedriger der Zins. Verglichen mit Aktien beispielsweise können Anleihen als die planbarere und dadurch risikoärmere Investition angesehen werden – sofern die Bonität des Emittenten gut ist.