Groupon: Vom Überflieger zum Pleitegeier?

Groupon ist Weltmarktführer unter den Gutscheinanbietern - Doch trotz Umsätzen im Milliardenbereich macht das Unternehmen derzeit Verluste. © kbuntu - Fotolia.com

Kürzlich noch als eines der erfolgversprechendsten Startups des Jahrzehnts gelobt zeigen sich beim Gutscheinhändler Groupon mittlerweile deutliche Probleme. Sowohl intern, als auch was Merchants und Kunden angeht, scheint die Strategie des 2008 gegründeten und seit 2011 börsennotierten Unternehmens nicht voll aufzugehen. Finanzwelt-News hat die Situation des angeschlagenen Unternehmens genauer untersucht.

 

Wie funktioniert Gruopon?

Das Geschäftsmodell Groupons dürfte den meisten mittlerweile bekannt sein. Dennoch möchten wir es der Vollständigkeit halber nochmals kurz erläutern. Groupon bietet seinen Partnerunternehmen – eingedeutscht oft „Merchants“ genannt – die Möglichkeit, für ihre Produkte oder Dienstleistungen in kürzester Zeit sehr viele neue Kunden zu Gewinnen. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Unternehmen den von Groupon vermittelten Kunden einen Rabatt von zumeist mindestens 50% gewährt. Der Merchant verkauft also seine Produkte über den Zwischenhändler Groupon zum halben Preis, erhält dafür aber viele Neukunden, die im Idealfall zu Stammkunden werden und künftig den vollen Preis bezahlen. Natürlich will hierbei auch Groupon Geld verdienen, sodass von dem vom Endkunden bezahlten Betrag nochmals eine Provision von etwa 50% an Groupon geht. Verkauft ein Merchant also ein Produkt, das normalerweise 10 Euro kostet über Groupon, so bleiben ihm bei 50% Rabatt und 50% Groupon-Provision letztlich noch 2,5 Euro an Einnahmen übrig.

 

Für welche Merchants lohnt sich Groupon und für welche nicht?

Groupon ist Weltmarktführer unter den Gutscheinanbietern - Doch trotz Umsätzen im Milliardenbereich macht das Unternehmen derzeit Verluste. © kbuntu - Fotolia.com

Vor dem eben beschriebenen Hintergrund wird klar, dass sich dieses Geschäftsmodell nur in zwei Fällen für den Merchant lohnen kann: Entweder muss die normale Gewinnmarge des Merchants extem hoch sein, etwa im Bereich von 75%, oder ein beträchtlicher Teil der durch Groupon neu gewonnenen Kunden muss tatsächlich zu Stammkunden werden. Beides scheint in vielen Fällen nicht gegeben zu sein. Eine Marge von 75% ist in den allermeisten Branchen äußerst unrealistisch. Besonders im Bereich der Gastronomie, der bei Groupon durchaus häufig vertreten ist, ist eine solch hohe Gewinnmarge höchstens in großen Ausnahmefällen zu erzielen. Wie viele der Kunden, die auf das Rabattangebot angesprochen haben, tatsächlich zu Stammkunden werden ist sicherlich von Deal zu Deal äußerst unterschiedlich. Zu bemerken ist jedoch, dass Groupon vor allem eine bestimmte Art von Kunden anspricht: Schnäppchenjäger. Ein Kundensegment, dass wohl – gerade bei normalerweise eher hochpreisigen Produkten – nur schwierig dazu zu bewegen ist, das Produkt anschließend auch zum Normalpreis zu konsumieren.

Am ehesten „groupongeeignet“ scheinen also Produkte zu sein, die von Natur aus hohe Gewinnmargen haben oder aber solche, bei denen ein Mehrverkauf nur zu geringen Mehrkosten für den Verkäufer führt. Ersteres trifft beispielsweise auf bestimmte Schmuckstücke zu, letzteres zum Beispiel auf die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio. Hier kann sich der Verkauf über Groupon für den Merchant tatsächlich lohnen. Auch hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn wenn man auf die eigenen Produkte zu oft oder zu viel Rabatt gewährt, ist vielleicht bald kaum noch jemand bereit, den vollen Preis zu bezahlen. So kann der entsprechende Merchant zwar seine Kundenanzahl vervielfachen, macht sich aber gleichzeitig seine ehemals so gute Gewinnmarge zunichte. Ein Trade-off, der wohl den wenigsten Herstellern von Luxusprodukten wünschenswert erscheinen dürfte.

 

Die Dealqualität bei Groupon nimmt ab

Die oben genannten Probleme Groupons machen sich auch in der Qualität der angebotenen Deals bemerkbar, denn entsprechend schwierig wird es für Groupon, neue Merchants zu gewinnen. Während anfangs tatsächlich fast alle Deals dem Kunden eine echte Ersparnis brachten, genügt heute oft ein kurzer Vergleich mit konkurrierenden Online-Verkaufsplattformen wie Amazon, um festzustellen, dass man die Produkte dort ganz ohne Rabattgutschein genauso günstig oder teilweise sogar noch günstiger bekommt als zum rabattierten Groupon-Preis. Eine Tatsache, die vielen aufmerksamen Schnäppchenjägern sicherlich nicht entgeht. Genauso wenig wie der Presse. So betitelte beispielsweise die Berliner Zeitung Groupon kürzlich als „Ramsch-Newsletter“ und zählte Deals auf, bei denen sich der Groupon-Rabatt letztlich eher als Reinfall herausstellte. Solche Negativ-Schlagzeilen verunsichern nicht nur Kunden, sondern auch Aktionäre und Investoren des Gutscheinhändlers.

 

Groupons interne Probleme

Wut und Frustration sollen laut Berichten das interne Arbeitsklima bei Groupon bestimmen.

Die schwierige Situation, in der sich Groupon befindet, wirkt sich offenbar auch auf das interne Betriebsklima aus. So sollen dem Internetmagazin „Gründerszene“ interne E-Mails und Briefe von Groupon-Mitarbeitern zugespielt worden sein, die belegen sollen, dass die Mitarbeiter des Rabattunternehmens massiv unter Druck gesetzt werden und Entlassungen wohl an der Tagesordnung sind. Wer nicht genug Deals an Land ziehe, werde als „Nonperformer“ schikaniert und teils stundenlang beschimpft. Arbeitszeiten jenseits von 12 Stunden pro Tag seien üblich und in den Büros herrsche Platzmangel.

Über Oliver Samwer, Mitgründer des im Mai 2010 von Groupon übernommenen Unternehmens Citydeal und bis vor einiger Zeit Berater bei Groupon, soll an Gründerszene herangetragen worden sein, er habe bei einem Wutausbruch vor Mitarbeitern eine Tastatur in einen Computerbildschirm gerammt.

Groupon selbst dementiert solche Aussagen natürlich. Jedoch scheinen sie durchaus zumindest von der Tendenz her einen Einblick in die internen Zustände bei Groupon zu liefern.

 

Wie sich Groupons Probleme in Zahlen wiederspiegeln

Groupons Probleme spiegeln sich auch deutlich in den Unternehmenszahlen wieder. Im Jahr 2011 vermeldete das Unternehmen einen Verlust von 373,5 Millionen Dollar. Zwar wurden aufgrund der zügigen Expansion des Unternehmens Verluste erwartet, jedoch prognostizierten Analysten für das vierte Quartal 2011 einen Gewinn. Letztendlich musste Groupon aber auch für dieses Quartal einen Verlust von 65,4 Millionen Dollar hinnehmen. Zunächst hatte Groupon diesen Verlust im letzten Quartal nur mit 43 Millionen Dollar beziffert und anschließend nachträglich auf 65,4 Millionen korrigiert – ein Patzer, der Groupon ins Visier der Börsenaufsicht brachte. Zugute halten muss man dem Unternehmen dabei allerdings, dass es gleichzeitig seinen Umsatz nahezu verdreifachen konnte.

Groupon, Inc. Aktienkurs

Der Aktienkurs der Groupon-Aktie spricht jedoch eine klare Sprache: Seit dem Börsengang im November 2011 hat sich deren Wert mehr als halbiert. Allein die erwähnte Bilanzkorrektur für das vierte Quartal 2011 verunsicherte die Aktionäre so sehr, dass als direkte Folge der Bekanntgabe der Kurs der Aktie um satte 17% fiel, das entspricht 1,65 Milliarden Dollar Börsenwert, die sich als Folge der Bilanzkorrektur in Luft auflösten. Viele Analysten raten inzwischen Anlegern vom Kauf von Groupon-Aktien ab und halten die Geschäftsstrategie Groupons für nicht nachhaltig.

 

Wie geht es weiter mit Groupon?

Noch hat Groupon eine breite Kundenbasis und sobald ein wirklich attraktiver Deal auf der Grouponseite auftaucht, gehen die Verkäufe immer noch schnell in die Zehntausende. Der langfristige Erfolg Groupons wird jedoch davon abhängen, ob Groupon trotz der aktuellen Probleme die Dealqualität für Kunden und Merchants langfristig stabil auf einem hohen Niveau halten kann. Gespannt darf man auf die Zahlen für 2012 warten und darauf, ob es das Unternehmen entgegen der Erwartung vieler doch noch schafft, dieses Jahr schwarze Zahlen zu schreiben.

6 Kommentare zu "Groupon: Vom Überflieger zum Pleitegeier?"

  1. Tja, scheint wie bei so vielen Dingen auch hier zu sein: Erst Top und mit der Zeit immer mehr Flopp…
    Ich denke, der Konkurenzkampf ist in dem Gebiet sicherlich auch enorm hoch. Und Groupons Geschäftsmodell verschlingt nunmal eine Menge Geld für Marketing und Personalaufwand.

  2. Ich muss dem beitrag leider voll zustimmen .
    Bisher habe ich 3 mal schlechte erfahrungen gemacht.
    Am schlimmsten war der ice watch deal.
    Groupon hat uns 3 monate lang warten lassen, auf nachfrage wurde später garnicht mehr geantwortet . echt schlecht.

  3. Die beschriebenen Arbeitsbedingungen sind leider nicht ganz ungewöhnlich, was Unternehmen angeht, bei denen die Samwers ihre Finger im Spiel haben.

  4. Ich stimme dem Artikel zu 100% zu. Auch ich war zu Anfang ein großer Groupon und DailyDeal Fan, aber bin von beiden Unternehmen gleichermaßen enttäuscht und kaufe mittlerweile nichts mehr dort. Der Rabatt ist den vielen Ärger, den man mit den Gutscheinen hat, nicht wirklich Wert.
    Und wie im Artikel erwähnt, werden die Angebote immer schlechter und weniger und nicht wirklich billiger!

  5. Interessant ist vor allem, dass die meisten Medien die Berichterstattung trotz auffälliger Ereignisse vermeiden und man durch Online-Recherche auf kleinen Blogs wie diesem langen muss, um überhaupt kritische Stimmen zu lesen.

    Bislang gehört der Großteil von Groupon Institutionellen Investoren, die noch der Sperrfrist von 180 Tagen nach IPO unterliegen. Bis diese nicht vorüber ist, wird mit allen Mitteln versucht, panikartige Verkäufe zu vermeiden. Der Einstiegskurs von den meisten Instis liegt bei $7.30, sodass Kurse darüber noch Gewinne bedeuten.

  6. Spiegel TV hat gerade einen Groupon-kritischen Bericht gesendet mit ähnlichen Kritikpunkten wie hier im Artikel. Vor allem ist dort deutlich geworden, dass es sich für Gastronomie-Unternehmen tatsächlich oft nicht lohnt mit Groupon zusammenzuarbeiten.

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