Tagesgeld oder Festgeld – Was ist momentan die sinnvollere Anlageform?

Aufgrund der momentanen politischen Situation in Europa beschäftigen sich viele Deutsche verstärkt mit dem Thema Geldanlage. Sich gut zu informieren ist dabei auch durchaus sinnvoll, denn wer nicht aufpasst, verliert in den momentanen Zeiten steigender Inflation und niedriger Zinsen leicht einen Teil seines Ersparten durch bei undurchdachter Anlagestrategie oft negative Realzinssätze.

Die Empfehlungen verschiedener Finanzberater sind allerdings sehr unterschiedlich. Viele empfehlen Aktienfonds oder Immobilien als krisengeeignete Anlageformen. Aber auch Festgeld und Tagesgeld gelten weiterhin als sinnvoller Teil eines Anlageportfolios.

Festgeld und Tagesgeld gelten dabei beide als konservative Anlageformen, denn im Gegensatz zu Immobilien, Aktien und ähnlichem besteht hier – von der Inflation abgesehen – nicht die Gefahr, Teile des eingesetzte Kapital zu verlieren. Lediglich die Erträge können variieren.

Vor allem durch den niedrigen EZB Leitzins bedingt sind jedoch die Zinsen sowohl für Tagesgeld, als auch für Festgeld derzeit relativ niedrig und befinden sich weiterhin im Abwärtstrend. Je nach Anlagebetrag und -dauer sind Festgeldzinsen dabei teils kaum noch höher als Zinsen auf Tagesgeldkonten. Vielen Anlegern fällt es daher schwer, sich zwischen den beiden Anlageformen zu entscheiden. Wir haben daher die momentane Marktsituation etwas genauer betrachtet. Dabei gehen wir von einem Anlagebetrag von 10.000 Euro und einem Anlagehorizont von drei Jahren aus.

Ein aktueller Tagesgeldvergleich ergibt für diese Summe jährliche Zinssätze bis 2,4%. Die fünf Anbieter, die bei vollständiger Einlagensicherung unserer 10.000 Euro-Einlage momentan die attraktivste Zinsvergütung bieten, sind MoneYou, Bank of Scottland, ING-DiBA, 1822direkt und RaboDirect. Diese fünf Anbieter haben wir daher als Ausgangspunkt für genauere Betrachtungen gewählt. Errechnet man den Mittelwert der Zinsvergütung dieser fünf Anbieter, so erhält man momentan einen Wert von 2,01%. Anhand dieses Wertes wollen wir die Zinsentwicklung auf Tagesgeldkonten seit Anfang des Jahres nachvollziehen. Das untenstehende Schaubild zeigt den Verlauf des Durchschnittszinssatzes auf Tagesgeldkonten der fünf oben genannten Banken.

Verlauf des durchschnittlichen Zinssatzes der Top 5 Tagesgeldanbieter. Grundlage sind die Zinssätze jeweils am Monatsbeginn. Wegen des späteren Markteintritts fließen die Zinssätze des RaboDirect Kontos erst ab 1. Juni mit in die Berechnung ein. Stand 23.09.2012. Angaben ohne Gewähr.

Es zeigt sich eine stetig abnehmender Durchschnittszinssatz. Die Durchschnittskurve ist unserer Meinung nach besser geeignet, um die Verzinsungsmöglichkeiten für einen individuellen Anleger abzuschätzen als der Zinsverlauf eines einzelnen Anbieters, da es dem Anlager aufgrund häufig wechselnder Zinssätze nicht möglich sein wird, sein Geld immer beim zinsstärksten Anbieter anzulegen.

Mit 2,01% liegt der Tagesgeld-Zinssatz damit derzeit ungefähr auf dem Niveau der momentanen Inflation. Wer nicht über den Abgeltungssteuer-Freibetrag hinauskommt, kann mit einer Tagesgeldanlage somit gerade einen Realzins von 0 erreichen und eine Entwertung seiner Ersparnisse verhindern.

Beim Festgeld sind die derzeit von der Verzinsung her besten Angebote bei gleichem Anlagebetrag und einer Anlage über drei Jahre in untenstehendem Schaubild aufgeführt.

Die fünf Banken mit den derzeit höchsten Festgeldzinsen bei 36 Monaten Laufzeit und 10.000 Euro Anlagebetrag. Stand 23.09.2012. Angaben ohne Gewähr.

Eine Betrachtung von Durchschnitten macht hier wenig Sinn, da die Konditionen beim Festgeld sich über den gesamten Anlagezeitraum hinweg nicht ändern. Wer heute sein Geld für 36 Monate zu 3,1% Zinsen als Festgeld anlegt, erhält diesen Zinssatz über den gesamten Zeitraum garantiert. Geht man von einem gleichbleibenden Tagesgeldzinsniveau von etwa 2% aus, so hat man mit dem Festgeld bereits nach einem Jahr 110 Euro mehr erwirtschaftet als bei einer Anlage als Tagesgeld. Wahrscheinlicher noch ist dem Trend zufolge ein weiteres zumindest leichtes Absinken der Tagesgeldzinsen wie auch der Festgeldzinsen für Neuverträge.

Zumindest in den nächsten drei Jahren erscheint momentan eine Erhöhung des Leitzinses durch die EZB und damit eine Erhöhung der Tagesgeld- und Festgeldzinsen unwahrscheinlich. Grund für den niedrigen Leitzins ist, dass man krisengeschwächten europäischen Banken ermöglichen möchte, sich zu günstigen Konditionen Geld von der EZB zu beschaffen und so auch günstige Kreditkonditionen an Verbraucher weitergeben zu können, wodurch wiederum die Wirtschaft in der Eurozone angekurbelt werden soll. Dies wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch in den kommenden drei Jahren noch nötig sein, denn eine schnelle wirtschaftliche Erhohlung des Euroraumes ist nicht in Sicht. Im Gegenteil ist sogar eine weitere Absenkung des Leitzinses durchaus denkbar. Das auch Werte unter den derzeitigen 0,75% möglich sind, zeigt das Beispiel USA, wo der Leitzins seit mehreren Jahren zwischen 0 und 0,25% liegt.

Der einzige Grund der bei einem Anlagehorizont von zwei bis vier Jahren derzeit dafür sprechen würde, eine Anlage als Tagesgeld dem Festgeld vorzuziehen, wäre demnach die Angst vor einer plötzlichen sehr starken Inflation im Sinne einer Hyperinflation. In diesem Falle wäre es nicht möglich, das als Festgeld gebundene Geld schnell in inflationssichere Anlageformen wie Gold zu überführen. Angst vor einem solchen Szenario haben viele Europäer vor allem aufgrund der Ankündigung von Seiten der EZB, man wolle unter bestimmten Bedingungen unbegrenzt Anleihen europäischer Krisenstaaten kaufen. Doch die meisten Experten sind sich einig: Sollten die Maßnahmen der EZB tatsächlich zu einer starken Inflation führen, so würde dies wohl erst in einigen Jahren passieren. So prognostiziert beispielsweise der bekannte Ökonom Manfred Neumann, vor allem bekannt als Doktorvater des derzeitigen Präsidenten der Deutschen Bundesbank Jens Weidmann, Europa müsse sich „in drei bis vier Jahren auf eine Dauerinflation einstellen.“ Bei der Commerzbank rechnet man zwar mit einer Erhöhung der Inflationsrate schon Mitte nächsten Jahres, geht allerdings in den nächsten Zehn Jahren von einer noch tragbaren Inflationsrate von drei bis vier Prozent aus. Zu einer Hyperinflation, da sind sich die Ökonomen einig, wird es aufgrund der EZB-Politik nicht kommen. Auch historisch gesehen wurden Hyperinflationen in der Regel durch Kriege und nicht durch fehlgeleitete Geldpolitik allein ausgelöst.

Für die richtige Geldanlage lautet das wichtigste Stichwort wie immer „Vermögensdiversifikation“. Sinnvoll ist es, einen Teil des Geldes inflationsgeschützt beispielsweise in Aktienfonds oder auch Sachwerte wie Gold zu investieren und einen Teil auf Fest- und Tagesgeld aufzuteilen, wobei bei einem Anlagehorizont von zwei bis vier Jahren wie beschrieben ein klarer Fokus auf das Festgeld zu legen ist. Um ein gutes Sparkonto zu finden, sollte man dabei unbedingt die aktuellen Angebote vergleichen, Direktbanken bieten dabei zur Zeit meist die besten Konditionen.

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